Moin Moin
Schon als kleines Mädchen habe ich Bücher geliebt. Als ich mit acht in der Schule schreiben lernte, war ich nicht mehr von meinem Schreibtisch wegzubekommen. Während die anderen Kinder sich einfach nicht konzentrieren wollten und zum Teil wild um mich herumliefen, tauchte ich in meine Geschichten ein und verlor mich darin. Es war mitunter als wäre ich in einer anderen Welt. Eigentlich war ich in einer anderen Welt. Dort gab es Meerjungfrauen, Einhörner, Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Ich weiß, da ist viel Fantasie dabei, aber die gehört zu Geschichten nun einmal dazu. Und um ehrlich zu sein, glaube ich noch heute daran. Ich bin überzeugt, dass Ideen, die wir in unserer Imagination zu Visionen und Konzepten formen, die Basis für unsere Realität sind. Dass die Welt in der wir leben genau daraus besteht, aus einmal zu Visionen und Konzepten geformten Ideen, die dann umgesetzt wurden. Die Frage ist nur, ob es Einfälle waren, die uns jetzt voranbringen. Einige sicher schon. Aber wenn ich mir unsere Gesellschaft anschaue, dann scheint es mir, als bräuchten wir ganz dringend neue Denkmuster und vielmehr als das, Menschen die sich trauen an diese neuen Gedanken zu glauben und sie auch zu leben. Meistens bekomme ich von anderen Menschen nur zu hören: „Ja, das ist eine tolle Vorstellung, aber so ist diese Welt nun mal nicht und das kann auch gar nicht funktionieren!“ Nein, kann es auch nicht, solange wir in unseren alten Paradigmen festhängen. Solange wir denken, es ginge nur das, was immer schon ging, stecken wir fest in dem, was immer schon war. Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Also wieso nicht mal anders denken? Das möchte ich hier versuchen und teilen.
Als junge Frau während meines Studiums der Sprach- und Literaturwissenschaft habe ich viel darüber gelernt, wie Sprache und Literatur sind und wie sie sein sollten. Mit diesen erlernten Mustern und Werkzeugen habe ich mich dann hingesetzt und versucht, etwas zu schreiben, das dem entspricht, was von mir erwartet wird. Ich habe mich gefragt, wie ein Protagonist aussehen sollte, damit er gut ankommt, in welcher Beziehung er zu den Nebendarstellern stehen sollte, wie die Handlung verlaufen sollte. Bevor ich tatsächlich anfing, den Roman zu schreiben, war mein Kopf schon komplett gefüllt mit einer ganz genauen Vorstellung davon, wie alles zu sein hätte. Und es ging jedes Mal nach hinten los. Ich fand die Geschichten leblos und langweilig. Ich dachte mir, wenn ich dieses Buch lesen würde, hätte ich keinen Spaß daran. Und dann ließ ich es liegen. Als ich schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, begann ich, einfach Gedanken und Inspirationen in mein Moleskine zu schreiben. Zu der Zeit, das ist jetzt etwa acht Jahre her, zog ich in die Emirate. Ich schrieb ganz viel auf von dem, was passierte und was ich erlebte, von Menschen, die ich kennen lernte, von Betrachtungen und Überlegungen zum Leben. Das meiste davon brachte ich in meinem Lieblingscafé, der Raw Coffee Company, zu Papier. Dazu kamen dann auch ganz viele beflügelnde Gespräche mit meinem Freund Riyadh. Ich schrieb von Reisen, Abenteuern und Zusammenbrüchen. Irgendwann hatte ich zehn Moleskine voll. Als ich vor drei Jahren mit meinem Mann nach Mexiko zog, sah ich mir die Aufzeichnungen an und las mir einiges davon durch. Und plötzlich spürte ich den Wunsch, meine eigene Geschichte zu schreiben. Daraus wurde dann die Geschichte von Gaia. Ich habe mich für einen fiktiven Namen entschieden, weil Gaia manchmal anders handelt, als ich es getan hätte. Aber hauptsächlich möchte ich andere Menschen in meinem Leben schützen, da ich mir erstens ein paar Dinge im Buch ausgedacht habe und zweitens, auch die Dinge, die sich tatsächlich ereignet haben, ja eindeutig aus meiner Sicht erzählt werden und ich mir nicht anmaße zu behaupten, dass meine Sicht die Realität in ihrer Vollständigkeit wiedergibt. Es kann gut sein, dass jemand, der eine dieser Situationen mit mir erlebt hat, der Meinung ist, dass es ganz anders war. Und das stimmt natürlich genauso wie das, was ich erinnere. Es geht mir gar nicht so sehr um die Einzelheiten, sondern vielmehr darum, das Leben so wie wir es leben in Frage zu stellen und dabei in aller erster Linie mein eigenes, also Gaias Leben. Was macht sie da eigentlich? Wieso ist sie so von Widersprüchen geprägt? Was will sie wirklich wirklich? Durch ihre Geschichte möchte ich inspirieren, inne zu halten und sich mal aus der Perspektive des Beobachters selbst anzuschauen und zu fragen, ob das hier so wie du und ich es gerade leben, das richtige für uns ist, zu fragen „Wenn ich am Anfang meines Lebens ganz bewusst und klar entschieden hätte, was ich erreichen möchte, mit wem ich zusammen sein möchte, was ich bewirken und verändern möchte, und welche Schritte mich dahinbringen würden, wo ich hinwill, wäre es dann das hier? Oder ist mein Leben in den Händen anderer? Und wenn ja, ist es nicht Zeit, es in meine Hände zurückzuholen? Und wenn ja, wie? Mit diesen und anderen Fragen habe ich mich in meinem Buch beschäftigt. Mit diesen und anderen Fragen beschäftige ich mich auch auf meinem Blog.
Ich bin ganz oft auf den Widerstand meiner Selbstzweifel gestoßen, habe geglaubt, ich sei noch nicht gut genug, um einfach mein Ding zu machen. Ich müsse erstmal beweisen, dass ich es drauf habe. Mir die Anerkennung von anderen und mir selbst verdienen. Bullshit. Ich habe endlich verstanden, dass ich überhaupt nichts machen muss, um zu beweisen, dass ich gut genug bin und mir meinen Wert verdient habe. Genau wie wir alle bin ich unermesslich wertvoll seit dem Tag meiner Geburt. Ich muss jedoch alles tun, um meine Essenz zum Ausdruck zu bringen und meine Bestimmung zu erfüllen, weil ich sonst unglücklich dabei werde, meine Glückseligkeit durch Betäubung der Sinne zu suchen, anstatt meine Seele frei zu lassen. Ich bin hier, um zu fliegen, und ja, ich werde erst einmal fallen, aber wenn ich nicht springe, verbringe ich den Rest meines Lebens in Angst vor dem Tod, weil ich niemals wirklich gelebt habe.
Ein Weg für mich, mein Wesen zu leben ist das Schreiben. Ich schreibe aus meinem tiefsten inneren Kern und möchte durch meine Worte deinen tiefsten inneren Kern erreichen. Das gelingt bestimmt nicht immer. Aber ich werde es immer wieder versuchen. Das Ziel meiner Geschichten ist es, dein und mein Bewusstsein zu dehnen, zu twisten, zu erweitern, zu verändern, zu vertiefen, zu erhöhen. Dabei geht es mir nicht darum, nur darüber zu schreiben, was für zauberhafte Lichtwesen wir alle sind und dass unsere Essenz pure Liebe ist. Ich bin zwar der Meinung, dass das stimmt, aber eben auch nur die Hälfte der Wahrheit ist und wir nie ganz zu uns selbst werden können, wenn wir die andere Hälfte ignorieren. Wir haben Schatten, wir haben dunkle Seiten, wir fühlen schmerzhafte Emotionen und denken negative Gedanken. Wir machen nicht immer alles richtig, vor allem dann nicht, wenn wir uns unter den Druck setzen, alles richtig machen zu müssen. Wir sind Menschen. Darum soll es hier ganz viel gehen. Was bedeutet es eigentlich, ein Mensch zu sein? Für mich ist tief menschliches Handeln etwas sehr Nobles und Aufrichtiges. Aber was ist passiert? Wenn ich mir ansehe, wie die meisten Menschen heutzutage handeln, dann scheint es mir eher brutal und kaltherzig zu sein. Ich werde das alles aber in erster Linie ganz entspannt und an eigenen Erlebnissen erläutern, anstatt theoretische Vorträge zu halten. Ich möchte auf meinem Blog ein Feld schaffen und bieten, in dem sich die Seele niederlegen kann und frei sein, ein Feld in dem wir uns wirklich begegnen können, nackt begegnen können. Ein Feld in dem die Verbindung zu uns selbst und zum Leben wieder aufblühen kann. Wir verstecken uns so oft hinter Masken und suchen im Außen danach, unsere tiefe innere Sehnsucht zu stillen. Wir suchen nach Antworten, die wir nur in unserem Kern finden können. Das ist meine zentrale Botschaft an dich: „Du hast die Stimme in dir! Vertrau ihr!“
Manchmal webe ich meine Gedanken ein. Gedanken, die mich bewegen, umtreiben, antreiben oder verwirren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Verwirrung meist, wenn man sie kurz da sein lässt, von allein wieder geht und der Klarheit Platz macht. Manchmal will sie mir aber auch Brennstoff bieten zum Laufen oder Schreiben. Wir alle haben die Wahl, was wir aus dem machen, was zu uns kommt. Ich bin der Meinung, wir können aus allem etwas Gutes machen. Klar, manchmal ist es angenehmer, einfach Netflix zu gucken oder sich von den sozialen Medien einsaugen zu lassen, um seine Unzufriedenheit oder Wut nicht konfrontieren zu müssen. Aber sie gehen ja dadurch nicht weg. Also andersrum: „Komm her Traurigkeit, komm her Neid, was wollt ihr mir sagen? Ich habe dieses Leben, jetzt, hier, BAM! Wozu habe ich es, was will ich damit machen und welche täglichen Aktionen tragen dazu bei, diesen Plan in die Tat umzusetzen? Was öffnet mich, was tut mir gut, was bringt mich weiter?“ Das beschäftigt mich seit langem, und jetzt bin ich hier. Das ist der Anfang einer neuen Reise. Ich habe lange gezögert, an die Öffentlichkeit zu gehen, denn ja Leute, ich habe Angst. Ich weiß genau, ich werde angegriffen und kritisiert werden. Aber was, wenn ich mich davon zurückhalten lasse und nie das lebe, was in mir steckt? Schon beim Gedanken daran verschließe ich mich. Folgende Frage erscheint mir deutlich spannender: „Was, wenn ich es einfach doch tue?“ Selbst wenn ich auf die Fresse knalle und kläglich scheitere, ich bin dann ich, ich lebe dann mein Leben, keine Kopie, keine Imitation, ein Original.
Ich dachte immer, ich müsste wahnsinnig hart arbeiten, um besonders und außergewöhnlich zu sein und die Menschen zu beeindrucken und erfolgreich zu sein. Ehrlich, das ist Schwachsinn. All meine Versuche waren nichts als eine billige Kopie. Du kannst nie so gut sein wie das Original, das du kopierst. Aber du bist auch ein Original. Hör auf mit dem vergeblichen Versuchen! Sei echt! Der einzige Weg, erfolgreich, besonders und außergewöhnlich zu sein ist, du selbst zu sein. Sei einfach! Im Einfachsein sind große Schönheit, Weisheit und Frieden verborgen. Ich dachte, es würde diesen einen speziellen Moment geben, in dem alle Schleier fallen und ich auf einen Schlag alles verstehen würde. Jetzt weiß ich, dass, zumindest für mich, dieser eine Moment nicht existiert. Es ist eine Reise auf der die Schleier, einer nach dem anderen fallen, und es geht nicht darum, das Ziel zu erreichen, es geht darum, den nächsten Schritt zu gehen. Ich dachte, der nächste Schritt wäre langweilig, aber das lag vielleicht daran, dass ich ihn nicht wirklich gegenwärtig gegangen bin. Die Wahrheit ist, jeder einzelne Schritt ist anmutig und wundervoll und vielleicht ist das das Ziel: In jedem einzelnen Schritt ganz bewusst die Schönheit und die Magie wahrzunehmen. Dies habe ich von einem meiner wichtigsten Lehrer und meiner anderen großen Leidenschaft neben dem Schreiben gelernt: dem Laufen. „Wenn das Laufen wie das Leben ist, dann laufe ich vielleicht Marathon, um mir selbst zu beweisen, dass ich, wenn ich falle wieder aufstehe, wenn es weh tut etwas in mir selbst finde, das stärker ist als der Schmerz. Aber ich quäle mich nicht, nur um das Ziel zu erreichen, ich genieße die Bewegung und lasse mich von der geschärften Wahrnehmung inspirieren. Der Grund zu laufen ist das Laufen selbst.“ (Aus dem Buch Raw Café, Sarah Pankow).